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Myxomatose |
Myxomatose |
Die Myxomatose ist zweifellos die bekannteste und berüchtigste, hochvirulente Infektion unter Kaninchen. Nachdem das Virus erstmals bei südamerikanischen Kaninchen entdeckt und identifiziert worden war, wurde er gezielt gegen die Überpopulation von Kaninchen eingesetzt. Geschichtliches1986 beobachtete Prof. G. Sanarelli die Myxomatose bei eingeführten europäischen Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) in dem Hygiene-Institut in Montevideo (Uruguay), dessen Direktor er war. Seine Laboratoriumskaninchen erkrankten daran, er zeichnete die Auswirkungen auf und erkannte, dass die Erkrankung infektiöser Natur und der Erreger der Seuche ausserhalb des Sichtbaren liegen müsse. 1859 wurden erstmalig zwei Dutzend europäische Wildkaninchen nach Australien importiert. Sie vermehrten sich in knapp 100 Jahren auf mehrere Milliarden und breiteten sich über den ganzen Kontinent aus. Diese Überpopulation wurde in erster Linie durch Fehlen der natürlichen Feinde begünstigt und sekundär durch das Vorfinden von idealen Lebensbedingungen.
Europa interessierte sich anfangs kaum dafür, die Myxomatose in Australien erregte erst nur wenig Aufsehen, bis Europa seine eigene Myxomatose Erfahrung machen sollte.
Für die Ausbreitung innerhalb Europas zeichnet sich der französische Prof. Dr. Paul Amand-Delille verantwortlich. Um der Überpopulation auf seinem eingezäunten Landsitz Maillebois (ca. 100 km südwestlich von Paris) im Eure-et-Loire-Departement Einhalt zu gebieten, liess er sich den brasilianischen Myxomatosevirusstamm 1952 aus der Schweiz (Lausanne) kommen und infizierte am 14. Juni 1952 zwei Wildkaninchen. Das Myxomatosevirus wütete geradezu in Europa, er breitete sich in einem rasanten Tempo (ca. 400 km/anno) aus und wirkte ähnlich wie in Australien - nahezu vernichtend!
aufgrund von klimatischen Faktoren (anzunehmenderweise) sind keine Myxomatosefälle aus den Balkanstaaten, der ehemaligen UdSSR und Asien bekannt. Bis heute haben sich die Wildkaninchenpopulationen in manchen Ländern und Landstrichen davon nicht erholt, in manchen Gegenden sieht man wilde Vertreter unserer Kaninchen, in anderen Arealen wiederum ist weit und breit kein einziges, wildes "Cuniculus" vertreten, auch ist die Seuche weiterhin aktiv. Das MyxomatosevirusDas Myxomatosevirus gehört zu der Familie der Poxviridae (Pockenviren), Genus Leporipoxvirus und ist nahe verwandt mit dem Kaninchenfibromvirus. Es ist wirtsspezifisch, nicht auf andere Tiere oder den Menschen übertragbar bis auf einige bzw. vereinzelte Fälle von Erkrankungen bei Hasen ( bspw. 1953 Meldung über erste Krankheitsfälle in Frankreich, Anfang 1954 in Deutschland). Die Myxomatose ist weder anzeige-, noch meldepflichtig! Übertragung
Gerade dem Kaninchenfloh kommt eine besondere Bedeutung zu - "die Besonderheit des Vermehrungszyklus beim Kaninchenfloh trägt zum Fortbestehen des Myxomatosevirus in einem Bau bzw. in einer Stallanlage bei. Die Eierstöcke in den weiblichen Flöhen reifen erst dann und es kommt zur Eiablage, wenn dies das Blut von trächtigen Kaninchen gesäugt haben. Wenige Stunden nach dem Werfen der Häsin verlassen die Flöhe das Muttertier und gehen auf die Welpen über, auf denen sie sich paaren. Das die Paarung auslösende Hormon ist in einem Tag alten Jungkaninchen am wirksamsten. Der bluthaltige Kot der Flöhe ist die Nährsubstanz für die Entwicklung der Flohlarven im Kaninchennest." Flöhe können das Myxomatosevirus drei bis sieben Monate lang beherbergen und an die Kaninchen weitergeben, sie sind geradezu ideal um den Virus überwintern zu lassen.
[Lesen Sie bitte dazu auch Impfungen und Prophylaxe] Krankheitsanzeichen und VerlaufDie Anzeichen der Myxomatose sind nicht einheitlich, sie hängen von der Virulenz des Virusstammes und der Empfänglichkeit der Kaninchen ab. Typische Anzeichen sind jedoch Entzündungen und Schwellungen an den Augen, Augenausfluss, und die Bildung von Myxomen (Unterhautödeme).
BehandlungDie Myxomatose ist nicht behandelbar, jedoch können Antibiotika und weitere moderne Präparate bei einem schwachen Verlauf unterstützend verabreicht werden, damit eine Sekundärinfektion mit weiteren Erkrankungen verhindert wird. Ein Kaninchen, welches die Myxomatose überlebt, besitzt keine lebenslange Immunität und bleibt weiterhin Überträger des Virus. ImpfungIn Deutschland ist eine Impfung gegen Myxomatose erlaubt und es existieren versch. Impfstoffe und versch. Injektionsmöglichkeiten. Auch in Österreich ist die Impfung gegen Myxomatose erlaubt. In der Schweiz hingegen ist die Myxomatoseimpfung nicht zugelassen. Grundimmunisierung bei Jungtieren:
Geeimpft werden sollten alle Hauskaninchen, egal ob von Privathaltern oder Züchter, ob draussen (Aussenstallanlage) oder innen im Haus lebend. Impfwürdig sind nur 100%ig gesunde Tiere; Trächtigkeit, Säugetätigkeit oder Wachstum (ab einem Alter von 4 Wochen) sind kein Hinderungsgrund. !Für Züchter! Bei der subkutanen Impfung im Bereich der Brustwand gibt es zwei verschiedene Lebendimpfstoffe: Vakzin, welches das Shope'sche Fibromvirus enthält: Vakzin, welches ein attenuiertes (abgeschwächtes) Myxomatosevirus enthält Beide Impfungen werden von den Kaninchen gut vertragen. Ich habe mich bei dem IDT Impfstoffwerk Dessau-Tornau GmbH erkundigt und mir wurde mitgeteilt, dass noch nie bei einem ihrer Laborkaninchen eine Impfmyxomatose (Ausbruch der Myxomatose durch die Vakzinierung) vorgekommen sei. Auch haben sie keine Meldung dieser Art von aussen bekommen.
Leider bieten bislang noch nicht viele Tierärzte diese Impfung an. Zum einen hat das Applokationsgerät (Dermojet) seinen Preis, zum anderen besteht das Problem in der Impfkartusche. In einer Kartusche sind 20 Impfdosen, die jedoch lediglich ca. 4 Stunden haltbar sind, wenn einmal angefangen. Für Kaninchenhalter mit nur einem oder zwei Kaninchen ist die Chance daher äusserst gering, die Vorzüge einer Intrakutanimpfung zu geniessen, aber für Halter von mehrere Kaninchen und Züchtern besteht sicherlich die Möglichkeit. Auch als Hobbyhalter mit mehreren Kaninchen wäre es möglich, dass der Tierarzt bei Ihnen vorbeikommt und die Impfungen vornimmt. Aber bedenken Sie bitte, dass die Intrakutanimpfung aufgrund des Zubehörs kostenintensiver sein könnte. Diese Art der Impfung ist momentan das aktuellste, was es im Rahmen der Bekämpfung von Myxomatose. gibt. Sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt darüber bzw. regen Sie an, dass er sich darüber informiert. Vielleicht lohnt sich auch für ihn eine solche Anschaffung. Bei der Intrakutanimpfung kann es zu einer leichten Pöckchenbildung um die Einstichstelle kommen, dies beruht jedoch auf der Art der Verabreichung, durch den Druck und diese Nebenerscheinung verschwindet auch wieder. Auch muss bei der Intrakutanimpfung die Täto-Nr. berücksichtig werden, es muss ausserhalb des Tatoos angesetzt werden, um die Lesbarkeit nicht zu gefährden, welche ja zu "nb" bei einer Ausstellung führt. Eine weitere Folge kann auftreten, Verfärbung einzelner Haare im Fell am äusseren Ohr in Höhe des Druckpunktes. Doch mittlerweile hat sich die Intrakutanimpfung aufgrund Ihrer erhöhten Wirksamkeit auch bei Preisrichtern rumgesprochen. Die Farbveränderung wird akzeptiert, es wird bewertet, als wenn sie nicht vorhanden wäre, denn es handelt sich um keine genotypische Veränderung. Ich möchte an dieser Stelle auch nochmal gerade die Preisrichter ansprechen, die dieser Art der Impfung skeptisch gegenüber stehen. Informieren Sie sich bitte über die Nebenerscheinungen einer Intrakutanimpfung. Bestrafen sie den Züchter bitte nicht durch Punktabzug, sondern bewerten Sie das Tier nach Standard ohne Kenntnisnahme der etwaigen Folgeerscheinung durch die intrakutan verabreichte Impfung. Vereinbaren Sie mit Ihrem Tierarzt einen Impftermin, damit Sie und vor allem Ihr Kaninchen nicht allzu lange in der Praxis warten müssen und Ihr Tier dem Stress durch Lautäusserungen anderer Tiere (bspw. Bellen) nicht länger als nötig ausgesetzt ist. Bei Kaninchenbesitzern mit einer stärkerer Anzahl von Kaninchen sind die Tierärzte in der Regel gerne bereit, zu Ihnen zu kommen. ZeitraumDie allgemeine Empfehlung für die Myxomatoseimpfung lautet 6 Monate, angefangen bei März/April. Der Zeitpunkt und die Wiederholung der Vakzinierung richtet sich nach bestimmten Faktoren: Infektionsdruck, warmes Klima, Entwicklung der blutsaugenden Insektenpopulation. Zwischen den blutsaugenden Insekten und den warmen Jahreszeiten besteht ein Zusammenhang, daher ist die Anzahl der Myxomatosefälle während der kalten Monate des Jahres auch bemerkenswert rückläufig bis hin zum völligen Erliegen. Sie können den Zeitraum nicht nur vorverlegen, sondern es ist tatsächlich möglich bei hohem Infektionsdruck, 3x im Jahr zu impfen. Das bezieht sich nicht nur auf Gebiete, wo die Myxomatose gerade einen akuten Ausbruch verzeichnet, sondern auch auf Arreale mit grossem Feuchtgebietanteil. Züchter sollten generell zweimal im Jahr impfen, denn Zucht- und Ausstellungskaninchen vereinen gleich mehrere Risiken auf sich. Impfen Sie alle Ihre Kaninchen, den kompletten Bestand. D. h. sowohl Schlacht-, als auch Zucht- und Ausstellungskaninchen; verschaffen Sie sich eine stabile Immunisierung, indem sie alle Tiere vakzinieren lassen! Eine Information für Deutschlands Rassekaninchenzüchter angschlossen an den ZDK (Zentralverband der Deutschen Rassekaninchenzüchter): Der ZDK schreibt die RHD-Impfung für Ausstellungstiere ab Landesverbandsausstellung zwingend vor, das gilt jedoch nicht für die Myxomatose, diese ist lediglich empfohlen. Private Kaninchenhalter neigen dazu, nur einmal im Jahr zu impfen, ihr Kaninchen nur während der warmen Sommermonate zu schützen. Auch hier, denke ich, empfiehlt sich eine halbjährliche Impfung. Der Myxomatosevirus ist hartnäckig, einmal in die Wohnung eingeschleppt, überlebt er bis zu 6/7 Monaten, auch Mücken und Fliegen haben eine längere Lebenszeit in beheizten Räumen, zudem haben sich die klimatischen Bedingungen ein wenig geändert, die kalten Jahreszeiten verlaufen milder. Lassen Sie sich keinesfalls beirren, wenn die Myxomatose für ein paar Jahre nur sporadisch auftritt. Sie ist dafür bekannt, vier bzw. fünf Jahre abzuflachen, um dann hochvirulent, man könnte das fast als gestärkt bezeichnen, wieder aufzutreten und einen regelrechten Seuchenzug zu starten. Auch die Maul- und Klauenseuche galt als ausgemerzt, 2001, gute 45 Jahre (1965 gab es einen verheerenden Ausbruch der MKS in England, welcher 500.000 Tiere forderte) später werden wir alle auf verheerende Weise eines Besseren belehrt. Wildkaninchen - HauskaninchenAustralien erlebte bei dem Myxomatoseseuchezug zwar ein beinahe Aussterben der eingeführten europäischen Kaninchen, aber erstaunlicherweise erholte sich der Bestand und man konnte feststellen, dass die Kaninchen Resistenzen aufwiesen. In den 80er Jahre war die australische Kaninchenpopulation wieder auf über 400 Millionen angestiegen und bescherte der Landwirtschaft dreistellige Millionenverluste. Durch einen neuen Virus, der das Blut innerhalb von zwei Tagen zum Stocken bringt, wurde eine neue Seuche freigesetzt. ¾ der Kaninchen verstarben daran. Forscher beobachten momentan, inwieweit es zu Resistenzbildungen kommt. Mittlerweile gehört das Wildkaninchen zu den meist gehassten Tieren in Australien. Die Tiere werden gnadenlos bejagt, Seuchen freigesetzt, Kaninchenbauten abgefackelt, es gab regelrechte "Kaninchentreibjagden", welche in einen Pond gipfelten. Zig Kaninchen wurden dort barbarisch erschlagen. Alle veranstalten Seuchenzüge in Australien führten zu keinem ausmerzenden Resultat. Die Kaninchenpopulation erholten sich dank Ihrer freudigen Vermehrungsfähigkeit und bildeten zuzüglich Resistenzen. Diese Resistenzbildung ist in dem Umfang tatsächlich nur auf Australien beschränkt. Immunkontrazeption - eine neue SeucheDas regelrecht entnervte Australien hat also nach wie vor, mit dem mehr als reichlichen Bestand an Wildkaninchen und auch den ex orbitanten Schäden, welcher jährlich durch sie verursacht wird, zu kämpfen. Ich bin selber auch nur ein Laie, daher müssen Sie hier auch mit einer laienhaften, stark vereinfachten Erklärung vorlieb nehmen. Dank der Gentechnik veränderte man das Myxomatose-Virus so, dass es Weibchen nach der Injektion infertil macht, d.h. das Kaninchen entwickelt Antikörper gegen die eigenen Eizellen. Durch die Schädigung der Eizellen wird eine Befruchtung blockiert - der Prozess wird als "Immunkontrazeption" bezeichnet. Diese Meldung stand in vielen Foren und doch hat sich keiner soweit Gedanken gemacht, bzw. weiter etwas dazu geschrieben. Ich hatte mit einem Aufschrei gerechnet, aber es kam nur Schweigen. Ich bin medizinisch gesehen ein absoluter Laie, vielleicht ist es auch der grösste Unsinn, den ich hier geschrieben habe und Fachleute lachen sich vor dem Bildschirm halb tot. Sie finden ein myxomatosekrankes WildkaninchenObwohl Wildkaninchen im Krankheitsfall in ihren Bau gehen, handeln sie nicht ebenso bei der Myxomatose. Es ist daher keine Seltenheit, dass Ihnen ein anscheinend zahmes, an Myxomatose erkranktes Kaninchen in Parks und Gärten über den Weg läuft oder einfach sitzen bleibt, obwohl Sie sich diesem Tier nähern. Und es wird auch kein Problem sein, ein solches Tier aufzunehmen und hochzuheben. Oberste Priorität haben Sie und Ihre eigenen Kaninchen, falls Sie keine Sorge für ein eigenes Kaninchen tragen, überlegen Sie, wer in Ihrem Bekannten-, Freundes-, Familienkreis Kontakt zu Kaninchen hat. Lassen Sie sich vom Tierarzt beraten, wie alles desinfiziert werden kann. Bedenken Sie, dass Sie mit einem schwerkranken Tier umgehen. Sie selber können an Myxomatose nicht erkranken, aber Ihre Hände können mit den Sekret aus Augen oder aufgebrochenen Myxomen in Kontakt kommen. Gedankenlos reibt man sich schon mal die Augen, dies könnte zufolge haben, dass Sie danach zum Augenarzt müssen, der sie auf eine Bindehautentzündung oder ähnliches behandeln muss. Seien Sie konzentriert beim Umgang mit einem erkrankten Tier, denken Sie immer an die Gefahren für sich selbst. Meistens ist es so, dass Tierärzte bei der Euthanasie von schwererkrankten oder -verletzten Wildtieren kein Entgelt erheben. Aber das ist nicht allgemein gültig, verlassen kann man sich nicht darauf. Sollten Sie diesen Eingriff bezahlen müssen, trösten Sie sich damit, dass Sie wirklich etwas Gutes getan haben. Abschluss
Ich habe versucht, Ihnen eine Übersicht über die Myxomatose zu verschaffen, damit Sie selbst entscheiden können, ob und wie oft Ihr Kaninchen geimpft werden soll. Aber trotz aller Fakten und Ihren eigenen Überlegungen ist eine gute Zusammenarbeit mit Ihrem Tierarzt unerlässlich. Besprechen Sie alles mit ihm, fragen Sie über Unklarheiten; kein Artikel, Bericht und Ähnliches kann Ihnen irgendwelche Entscheidung abnehmen. Sie und Ihr Tierarzt kennen Ihr Kaninchen, seine Eigenarten, seine Auffälligkeiten, seinen Gesundheitszustand am besten! Weitere InformationenMyxomatose - Krankheitsverhütung durch Impfung, Impfstoffwerk Dessau-Tornau GmbH© A. H.-F. 06-2001 updated 02.04.2004 Quellennachweis:
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