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Myxomatose

Myxomatose

 

Kaninchen impfen nicht vergessen!  

Die Myxomatose ist zweifellos die bekannteste und berüchtigste, hochvirulente Infektion unter Kaninchen. Nachdem das Virus erstmals bei südamerikanischen Kaninchen entdeckt und identifiziert worden war, wurde er gezielt gegen die Überpopulation von Kaninchen eingesetzt.

Geschichtliches

1986 beobachtete Prof. G. Sanarelli die Myxomatose bei eingeführten europäischen Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) in dem Hygiene-Institut in Montevideo (Uruguay), dessen Direktor er war. Seine Laboratoriumskaninchen erkrankten daran, er zeichnete die Auswirkungen auf und erkannte, dass die Erkrankung infektiöser Natur und der Erreger der Seuche ausserhalb des Sichtbaren liegen müsse.
Im April (10.-17.) 1898 berichtete er auf dem IX. Internationalen Kongress für Hygiene und Demographie in Madrid über seine Aufzeichnungen und noch im gleichen Jahr, am 01. Juni 1898 erschien seine wissenschaftliche Forschungsarbeit in dem Zentralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektionskrankheiten unter dem Titel: Das myxomatogene Virus - Beitrag zum Studium der Krankheitserreger ausserhalb des Sichtbaren.
In dieser Arbeit hat Prof. Sanarelli die virale Ursache für die Myxomatose analysiert: "Das äthologische Agens gehört keinem jener organisierten Wesen an, welche wir gegenwärtig als die Ursache spezifischer Krankheiten anzusehen gewohnt sind."
1909 traten spontane Fälle in Sao Paulo und auch weitere, sporadische Fälle im Laufe der Jahre bei dem europäischen Kaninchen an versch. Orten in Brasilien auf. Gleichzeitig stellt man fest, dass das Wildkaninchen, welches in Südamerika vertreten ist (Sylvilagus brasiliensis), wesentlich resistenter gegenüber dem Myxomatosevirus war, als sein europäischer Vertreter.

1859 wurden erstmalig zwei Dutzend europäische Wildkaninchen nach Australien importiert. Sie vermehrten sich in knapp 100 Jahren auf mehrere Milliarden und breiteten sich über den ganzen Kontinent aus. Diese Überpopulation wurde in erster Linie durch Fehlen der natürlichen Feinde begünstigt und sekundär durch das Vorfinden von idealen Lebensbedingungen.
Anfangs waren die Kaninchen gern gesehen, als Fleisch- und Fellproduzenten willkommen, aber aufgrund ihres geradezu gewaltigen Aufkommens verursachten sie alsbald grosse wirtschaftliche Schäden, indem sie kostbares Weideland abästen und dieses verödete, auch brachten sie die heimische Fauna Australiens in Lebensbedrängnis.

  • 1927 zog man zum erstenmal in Erwägung mit dem Myxomatosevirus gegen die explosionsartige Ausbreitung der Kaninchen in Australien vorzugehen.
  • 1942 bis 1943 setzt man dieses in die Tat um und scheiterte.
  • Erst 1950 glaubte man, wieder soweit zu sein, um einen neuen Versuch zu wagen.
  • 1952 wurde erneut eine Infizierung mit einem hoch virulenten (hochgradig krankmachend) Myxomatosevirus eingeleitet und auch dieser Versuch drohte zu scheitern, bis nach einer Umstellung der Grosswetterlage die Infektion um sich griff. Der Seuchenzug von 1952 bis 1955 war geradezu katastrophal, er wirkte nahezu vernichtend, die Mortalitätsrate betrug über 99%!

Europa interessierte sich anfangs kaum dafür, die Myxomatose in Australien erregte erst nur wenig Aufsehen, bis Europa seine eigene Myxomatose Erfahrung machen sollte.

Für die Ausbreitung innerhalb Europas zeichnet sich der französische Prof. Dr. Paul Amand-Delille verantwortlich. Um der Überpopulation auf seinem eingezäunten Landsitz Maillebois (ca. 100 km südwestlich von Paris) im Eure-et-Loire-Departement Einhalt zu gebieten, liess er sich den brasilianischen Myxomatosevirusstamm 1952 aus der Schweiz (Lausanne) kommen und infizierte am 14. Juni 1952 zwei Wildkaninchen.
Der Erfolg war so überragend, dass Nachbarn auf sein Grundstück eindrangen und kranke Kaninchen einfingen, um sie in Ihren eigenen Gärten und Gütern wieder auszusetzen.
Diesem Verhalten haben wir es zu verdanken, dass das Virus sich rasant innerhalb von zwei Jahren in ganz Europa ausbreitete. 1953 verzeichnete man den ersten Myxomatosefall rechtsrheinisch im Mannheimer Stadtpark, in der ehemaligen DDR setzte die Seuche erstmalig 1954 im Bezirk Leipzig ein.

Das Myxomatosevirus wütete geradezu in Europa, er breitete sich in einem rasanten Tempo (ca. 400 km/anno) aus und wirkte ähnlich wie in Australien - nahezu vernichtend!

  • 1953 gewaltige Ausbreitung in Frankreich über die Hälfte des Territoriums war von Myxomatose betroffen
  • 1954 gab es 1 Million erkrankte Hauskaninchen in Frankreich
  • 1953 erste Myxomatosefälle in Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Spanien und England
  • 1954/1955 war das Myxomatosevirus in fast allen engl. Grafschaften und in 28. Grafschaften Schottlands verbreitet
  • 1954 Schweiz
  • 1955 Tschechien, Österreich
  • 1956 Polen, jedoch mit deutlich geringerer Ausbreitungstendenz
  • 1960 Dänemark
  • 1961 Spontane Erkrankung bei Wildkaninchen im Mittel-Skane (Schweden)
  • 1962 auf der Insel Gotland (Schweden)

aufgrund von klimatischen Faktoren (anzunehmenderweise) sind keine Myxomatosefälle aus den Balkanstaaten, der ehemaligen UdSSR und Asien bekannt.

Bis heute haben sich die Wildkaninchenpopulationen in manchen Ländern und Landstrichen davon nicht erholt, in manchen Gegenden sieht man wilde Vertreter unserer Kaninchen, in anderen Arealen wiederum ist weit und breit kein einziges, wildes "Cuniculus" vertreten, auch ist die Seuche weiterhin aktiv.

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Das Myxomatosevirus

Das Myxomatosevirus gehört zu der Familie der Poxviridae (Pockenviren), Genus Leporipoxvirus und ist nahe verwandt mit dem Kaninchenfibromvirus. Es ist wirtsspezifisch, nicht auf andere Tiere oder den Menschen übertragbar bis auf einige bzw. vereinzelte Fälle von Erkrankungen bei Hasen ( bspw. 1953 Meldung über erste Krankheitsfälle in Frankreich, Anfang 1954 in Deutschland).
Das Myxomatosevirus ist tückisch in seiner Überlebensstrategie. Bei einem Kaninchen, welches die Myxomatose überlebt hat (chronischer Verlauf), ist es bis zu 6 Monten weiterhin aktiv, daher ist dieses Kaninchen weiterhin Verbreiter der Seuche bei ungeschützten Kaninchen. Besonders tragisch ist diese Tatsache bei Häsinnen, die zur Zucht dienen. Aber auch ungeschützte Partnerkaninchen sind gefährdet. Es ist relativ unempfindlich gegenüber best. Chemikalien wie Borsäure, Phenol. Sublimat und Kaliumpermangnat. Es trotzt Kälte, hat jedoch einer Erhitzung über 60 Grad Celsius nichts mehr entgegenzusetzen.

Die Myxomatose ist weder anzeige-, noch meldepflichtig!

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Übertragung

durch blutsaugende Insekten:
primär - Stechmücken, Stechfliegen und Kaninchenflöhemöglich,
auch jedoch eher sekundär - Milben, Zecken und Läuse

Gerade dem Kaninchenfloh kommt eine besondere Bedeutung zu - "die Besonderheit des Vermehrungszyklus beim Kaninchenfloh trägt zum Fortbestehen des Myxomatosevirus in einem Bau bzw. in einer Stallanlage bei. Die Eierstöcke in den weiblichen Flöhen reifen erst dann und es kommt zur Eiablage, wenn dies das Blut von trächtigen Kaninchen gesäugt haben. Wenige Stunden nach dem Werfen der Häsin verlassen die Flöhe das Muttertier und gehen auf die Welpen über, auf denen sie sich paaren. Das die Paarung auslösende Hormon ist in einem Tag alten Jungkaninchen am wirksamsten. Der bluthaltige Kot der Flöhe ist die Nährsubstanz für die Entwicklung der Flohlarven im Kaninchennest."
(Krankheiten der Kaninchen und Hasen, Kötsche/Gottschalk, Gustav Fischer Verlag)

Flöhe können das Myxomatosevirus drei bis sieben Monate lang beherbergen und an die Kaninchen weitergeben, sie sind geradezu ideal um den Virus überwintern zu lassen.

Kontaktinfektionen durch verseuchtes (kontaminiertes) Grünfutter/Futter
Sammeln Sie kein Grünfutter aus Gebieten in welchen sich Wildkaninchen aufhalten, zäunen Sie Ihren Nutzgarten kaninchensicher ein, lagern sie ihr Futter sicher vor Kaninchen und Schadnager ein.

durch Fliegen
sie können die Myxomatosevirus durch an ihnen haftendes virushaltiges Augensekret oder Sekret aus aufgebrochenen Hautgeschwüren verbreiten

durch Kontakt vom kranken zum gesunden Tier
vom Wildkaninchen zum Haus- bzw. Stallkaninchen in einer Aussenstallanlage oder am Freigehe, Übertragungsmöglichkeit auch während einer Ausstellung, oder auch beim gemeinschaftlichen Auslauf zweier oder mehrer fremder Kaninchen

durch den Menschen beim und nach dem Umgang mit erkrankten Tieren,
ebenso durch Arbeitsgeräte, Stallzubehör, und Stallkleidung wie bspw. Arbeitskittel. Der Myxomatosevirus ist langlebig - bis zu 7 Monaten

[Lesen Sie bitte dazu auch Impfungen und Prophylaxe]

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Krankheitsanzeichen und Verlauf

Die Anzeichen der Myxomatose sind nicht einheitlich, sie hängen von der Virulenz des Virusstammes und der Empfänglichkeit der Kaninchen ab. Typische Anzeichen sind jedoch Entzündungen und Schwellungen an den Augen, Augenausfluss, und die Bildung von Myxomen (Unterhautödeme).
Beobachtet werden drei verschiedene Verlaufsformen. Die Inkubationszeit (Ansteckungszeitraum) beträgt 3 - 5 Tage.

akuter Verlauf:
erste Krankheitsanzeichen bei der Myxomatose nach drei bis fünf Tagen sind Tränenfluss und geschwollene Augenlider (Bindehautentzündung), später weitere Anschwellungen im Kopfbereich (Augen, Nase, Lippen, Ohren) und eitriges Augensekret, infolge der Schwellungen und Knotenbildungen am Ohr knicken bei stehohrigen Rassen die Ohren, sie können nicht mehr aufrecht gehalten werden, da diese zu schwer geworden sind, Fieber, im weiteren Verlauf kommt es zu Myxombildung im gesamten Kopfbereich, der Kopf wird unförmig, man spricht dann von dem "Nilpferdkopf" oder auch "Löwenkopf".
Einher gehen die Unterhautödeme im Bereich der Geschlechtsorgane, des Analbereiches, der Hinterläufe, des Unterbauches und auf dem Rücken, diese können dann auch geschwürig aufbrechen.
Anfangs nehmen die erkrankten Kaninchen noch gut Futter auf, aber nach einer Woche verschlechtert sich ihr Zustand rapide, die Futteraufnahme wird verweigert und die Tiere versterben in der zweiten Woche.

Perakuter Verlauf:
wenig ausgeprägte Anzeichen einer Myxomatose bzw. nur leichte Anschwellungen im Augenbereich, die Tiere versterben innerhalb einiger Tage.

Chronischer Verlauf:
Knoten- und Unterhautödembildung vor allen im Kopfbereich und an den Läufen, leichtere Verlaufsform der Myxomatose, gut konditionierte Tiere überleben die Infektion.

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Behandlung

Die Myxomatose ist nicht behandelbar, jedoch können Antibiotika und weitere moderne Präparate bei einem schwachen Verlauf unterstützend verabreicht werden, damit eine Sekundärinfektion mit weiteren Erkrankungen verhindert wird. Ein Kaninchen, welches die Myxomatose überlebt, besitzt keine lebenslange Immunität und bleibt weiterhin Überträger des Virus.

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Impfung

In Deutschland ist eine Impfung gegen Myxomatose erlaubt und es existieren versch. Impfstoffe und versch. Injektionsmöglichkeiten. Auch in Österreich ist die Impfung gegen Myxomatose erlaubt. In der Schweiz hingegen ist die Myxomatoseimpfung nicht zugelassen.

Grundimmunisierung bei Jungtieren:

  • 1. Impfung im Alter von 4-6 Wochen
  • Wiederholungsimpfung: nach 4 Wochen
  • weiterer Impfmodus alle 6 Monate
falls Sie ein erwachsenes Kaninchen haben, dass seine erste Impfung im Leben erhält, empfiehlt sich auch hier eine Grundimmunisierung bei Alttieren:
  • 1. Impfung Anf. März/April, Alter egal,
  • Wiederholungsimpfung nach 4 Wochen,
  • weiterer Impfmodus: alle 6 Monate

Geeimpft werden sollten alle Hauskaninchen, egal ob von Privathaltern oder Züchter, ob draussen (Aussenstallanlage) oder innen im Haus lebend. Impfwürdig sind nur 100%ig gesunde Tiere; Trächtigkeit, Säugetätigkeit oder Wachstum (ab einem Alter von 4 Wochen) sind kein Hinderungsgrund.
Vor der Impfung sollte der Tierarzt eine allg. Gesundheitskontrolle bei dem Kaninchen durchführen. Geimpft werden sollte rechtzeitig vor Beginn der warmen Jahreszeit und kann in Kombination mit RHD erfolgen, allerdings ortsgetrennt, d. h. an verschiedenen Injektionsstellen. Die Impfung bleibt wirkungslos bei Kaninchen, die latent infiziert oder bereits sichtbar erkrankt sind.
Die Impfung erreicht keine 100%ige Immunisierung, mit ihr sollten weitere Vorsichts- und Hygienemassnahmen einhergehen. siehe auch Impfungen und Prophylaxe.

!Für Züchter!
Impfen Sie unbedingt alle Ihre Tiere! Schaffen Sie für Ihre Tiere eine immmunisierte Umgebung, damit es nicht zu einem Impfdurchbruch bei Jungtieren kommt. Bei Jungtieren kann es passieren, dass die Impfungen nicht anschlagen, d. h. es entsteht eine immunologische Lücke. Dies ist zwar selten, aber kann passieren. Auch werden Sie, als Züchter, das nicht bemerken. Es kann passieren, dass die Jungtiere durch das Muttertier (durch Säugung) einen derart grossen Antikörperspiegel besitzen, dass das Immunsystems des jungen Kaninchens nicht dazu angeregt wird, bei einer Impfung weitere Antikörper auszubilden, da sich noch zuviele im Körper befinden.
Ganz im Gegenteil, die Antikörper und die durch das Vakzin freigesetzten Viren brauchen sich gegenseitig auf und das Kaninchen besitzt keinen Impfschutz gegen Myxomatose. Sie können jedoch das Infektionsrisiko für das betreffende Tier eindämmen, wenn Sie alle Ihre Tiere impfen, da das Jungtier sich in einem allg. immunisierten Stall aufhält.

Bei der subkutanen Impfung im Bereich der Brustwand gibt es zwei verschiedene Lebendimpfstoffe:

Vakzin, welches das Shope'sche Fibromvirus enthält:
Bei diesem Impfstoff kommt es zu einer Anschwellung an der Einstichstelle. Es handelt sich dabei nicht um einen Ausbruch der Myxomatose, sondern um ein sog. Impffibrom, eine Abwehrreaktion des Körpers auf den Impfstoff, stimmuliert die Immunabwehr.

Vakzin, welches ein attenuiertes (abgeschwächtes) Myxomatosevirus enthält

Beide Impfungen werden von den Kaninchen gut vertragen. Ich habe mich bei dem IDT Impfstoffwerk Dessau-Tornau GmbH erkundigt und mir wurde mitgeteilt, dass noch nie bei einem ihrer Laborkaninchen eine Impfmyxomatose (Ausbruch der Myxomatose durch die Vakzinierung) vorgekommen sei. Auch haben sie keine Meldung dieser Art von aussen bekommen.
Trotzdem gibt es immer wieder Aussagen in Richtung "mein Kaninchen erlitt eine Impfmyxomatose". Wenn Ihr Tierarzt tatsächlich bei Ihrem Kaninchen eine Impfmyxomatose diagnostiziert, bitte ich Sie eindringlich, sich mit dem Impfstoffhersteller in Verbindung zu setzen, damit weitere Massnahmen ergriffen werden können. Lassen Sie sich bei jeder Impfung einen Impfausweis oder eine Impfbestätigung ausstellen, worauf auch die Chargen-Nr. angegeben ist.

Dann gibt es noch die intrakutane Impfung am Ohr:
Die Anwendung des Impfstoffes erfolgt durch Druck nadellos im oberen Ohrdrittel an einer blutgefässfreien Stelle von innen nach aussen mit Hilfe eines speziellen Applikators (DERMOJET). Verwendet wir ein attenuiertes Lebendvakzin. Die Intrakutanimpfung ist die Weiterentwicklung der herkömmlichen subkutanen Impfmethode. Je ähnlicher der Impfstoff an einer natürliche Infektion, durch Stechmücke oder Floh, dem Tier verabreicht wird, desto höher ist die Immunisierung und Wirksamkeit.
Die intrakutane Impfung imitiert die Infektion eines bspw. Mückenstichs. Bei der subkutanen Impfung wird durch die Hautschichten gestochen und der Impfstoff darunter appliziert, bei der intrakutanen Impfung hingegen, wird der Impfstoff zwischen den Hautschichten eingebracht, sowie der Myxomatosevirus durch eine bspw. Mücke. Durch diese Impfung erzielen sie keine Immunität, aber sie erzielen einen höheren Antikörperspiegel als bei einer Subkutanimpfung.

Leider bieten bislang noch nicht viele Tierärzte diese Impfung an. Zum einen hat das Applokationsgerät (Dermojet) seinen Preis, zum anderen besteht das Problem in der Impfkartusche. In einer Kartusche sind 20 Impfdosen, die jedoch lediglich ca. 4 Stunden haltbar sind, wenn einmal angefangen. Für Kaninchenhalter mit nur einem oder zwei Kaninchen ist die Chance daher äusserst gering, die Vorzüge einer Intrakutanimpfung zu geniessen, aber für Halter von mehrere Kaninchen und Züchtern besteht sicherlich die Möglichkeit. Auch als Hobbyhalter mit mehreren Kaninchen wäre es möglich, dass der Tierarzt bei Ihnen vorbeikommt und die Impfungen vornimmt. Aber bedenken Sie bitte, dass die Intrakutanimpfung aufgrund des Zubehörs kostenintensiver sein könnte. Diese Art der Impfung ist momentan das aktuellste, was es im Rahmen der Bekämpfung von Myxomatose. gibt. Sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt darüber bzw. regen Sie an, dass er sich darüber informiert. Vielleicht lohnt sich auch für ihn eine solche Anschaffung.

Bei der Intrakutanimpfung kann es zu einer leichten Pöckchenbildung um die Einstichstelle kommen, dies beruht jedoch auf der Art der Verabreichung, durch den Druck und diese Nebenerscheinung verschwindet auch wieder. Auch muss bei der Intrakutanimpfung die Täto-Nr. berücksichtig werden, es muss ausserhalb des Tatoos angesetzt werden, um die Lesbarkeit nicht zu gefährden, welche ja zu "nb" bei einer Ausstellung führt. Eine weitere Folge kann auftreten, Verfärbung einzelner Haare im Fell am äusseren Ohr in Höhe des Druckpunktes. Doch mittlerweile hat sich die Intrakutanimpfung aufgrund Ihrer erhöhten Wirksamkeit auch bei Preisrichtern rumgesprochen. Die Farbveränderung wird akzeptiert, es wird bewertet, als wenn sie nicht vorhanden wäre, denn es handelt sich um keine genotypische Veränderung.

Ich möchte an dieser Stelle auch nochmal gerade die Preisrichter ansprechen, die dieser Art der Impfung skeptisch gegenüber stehen. Informieren Sie sich bitte über die Nebenerscheinungen einer Intrakutanimpfung. Bestrafen sie den Züchter bitte nicht durch Punktabzug, sondern bewerten Sie das Tier nach Standard ohne Kenntnisnahme der etwaigen Folgeerscheinung durch die intrakutan verabreichte Impfung.

Vereinbaren Sie mit Ihrem Tierarzt einen Impftermin, damit Sie und vor allem Ihr Kaninchen nicht allzu lange in der Praxis warten müssen und Ihr Tier dem Stress durch Lautäusserungen anderer Tiere (bspw. Bellen) nicht länger als nötig ausgesetzt ist. Bei Kaninchenbesitzern mit einer stärkerer Anzahl von Kaninchen sind die Tierärzte in der Regel gerne bereit, zu Ihnen zu kommen.

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Zeitraum

Die allgemeine Empfehlung für die Myxomatoseimpfung lautet 6 Monate, angefangen bei März/April. Der Zeitpunkt und die Wiederholung der Vakzinierung richtet sich nach bestimmten Faktoren: Infektionsdruck, warmes Klima, Entwicklung der blutsaugenden Insektenpopulation. Zwischen den blutsaugenden Insekten und den warmen Jahreszeiten besteht ein Zusammenhang, daher ist die Anzahl der Myxomatosefälle während der kalten Monate des Jahres auch bemerkenswert rückläufig bis hin zum völligen Erliegen.
Sie können beispielsweise Anfang März ihr Kaninchen impfen und nach 5 Monaten nochmals eine Wiederholungsimpfung initiieren, damit Ihr Langohr während des Spätsommers, dem sog. Altweibersommer, eine Erhöhung des Immunspiegels erfährt. Wie schon erwähnt, 6 Monate sind eine Empfehlung, nicht zwingend. Die Impfung hält 6-9 Monate vor.

Sie können den Zeitraum nicht nur vorverlegen, sondern es ist tatsächlich möglich bei hohem Infektionsdruck, 3x im Jahr zu impfen. Das bezieht sich nicht nur auf Gebiete, wo die Myxomatose gerade einen akuten Ausbruch verzeichnet, sondern auch auf Arreale mit grossem Feuchtgebietanteil.

Züchter sollten generell zweimal im Jahr impfen, denn Zucht- und Ausstellungskaninchen vereinen gleich mehrere Risiken auf sich. Impfen Sie alle Ihre Kaninchen, den kompletten Bestand. D. h. sowohl Schlacht-, als auch Zucht- und Ausstellungskaninchen; verschaffen Sie sich eine stabile Immunisierung, indem sie alle Tiere vakzinieren lassen!

Eine Information für Deutschlands Rassekaninchenzüchter angschlossen an den ZDK (Zentralverband der Deutschen Rassekaninchenzüchter): Der ZDK schreibt die RHD-Impfung für Ausstellungstiere ab Landesverbandsausstellung zwingend vor, das gilt jedoch nicht für die Myxomatose, diese ist lediglich empfohlen.

Private Kaninchenhalter neigen dazu, nur einmal im Jahr zu impfen, ihr Kaninchen nur während der warmen Sommermonate zu schützen. Auch hier, denke ich, empfiehlt sich eine halbjährliche Impfung. Der Myxomatosevirus ist hartnäckig, einmal in die Wohnung eingeschleppt, überlebt er bis zu 6/7 Monaten, auch Mücken und Fliegen haben eine längere Lebenszeit in beheizten Räumen, zudem haben sich die klimatischen Bedingungen ein wenig geändert, die kalten Jahreszeiten verlaufen milder.

Lassen Sie sich keinesfalls beirren, wenn die Myxomatose für ein paar Jahre nur sporadisch auftritt. Sie ist dafür bekannt, vier bzw. fünf Jahre abzuflachen, um dann hochvirulent, man könnte das fast als gestärkt bezeichnen, wieder aufzutreten und einen regelrechten Seuchenzug zu starten. Auch die Maul- und Klauenseuche galt als ausgemerzt, 2001, gute 45 Jahre (1965 gab es einen verheerenden Ausbruch der MKS in England, welcher 500.000 Tiere forderte) später werden wir alle auf verheerende Weise eines Besseren belehrt.

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Wildkaninchen - Hauskaninchen

Australien erlebte bei dem Myxomatoseseuchezug zwar ein beinahe Aussterben der eingeführten europäischen Kaninchen, aber erstaunlicherweise erholte sich der Bestand und man konnte feststellen, dass die Kaninchen Resistenzen aufwiesen. In den 80er Jahre war die australische Kaninchenpopulation wieder auf über 400 Millionen angestiegen und bescherte der Landwirtschaft dreistellige Millionenverluste. Durch einen neuen Virus, der das Blut innerhalb von zwei Tagen zum Stocken bringt, wurde eine neue Seuche freigesetzt. ¾ der Kaninchen verstarben daran. Forscher beobachten momentan, inwieweit es zu Resistenzbildungen kommt.

Mittlerweile gehört das Wildkaninchen zu den meist gehassten Tieren in Australien. Die Tiere werden gnadenlos bejagt, Seuchen freigesetzt, Kaninchenbauten abgefackelt, es gab regelrechte "Kaninchentreibjagden", welche in einen Pond gipfelten. Zig Kaninchen wurden dort barbarisch erschlagen.
Auch hat das Kaninchen und in Anlehnung daran der Hase als Ostersymbol endgültig in Australien verspielt, dort besinnt man sich wieder auf das einheimische Bilby.

Alle veranstalten Seuchenzüge in Australien führten zu keinem ausmerzenden Resultat. Die Kaninchenpopulation erholten sich dank Ihrer freudigen Vermehrungsfähigkeit und bildeten zuzüglich Resistenzen. Diese Resistenzbildung ist in dem Umfang tatsächlich nur auf Australien beschränkt.
Auch in Deutschland hat man versucht unter den Hauskaninchen resistente Kaninchenstämme gegenüber Myxomatose heraus zu züchten. Es konnten zwar einige Hauskaninchen myxomatoseresistent gezüchtet werden, aber diese Kaninchen zeigen eine schlechte Zuchtleistung und auch die Resistenz wird nicht bzw. mangelhaft weitervererbt. Warum das in Australien funktioniert und eben nicht in Europa, kann oder will so recht keiner beantworten, aber es sind sicherlich mehrere Faktoren, die dazu beitragen. Daher sind die Schutzimpfung und weitere Vorsichtsmassnahmen immer noch die probaten Mittel gegen Myxomatose.

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Immunkontrazeption - eine neue Seuche

Das regelrecht entnervte Australien hat also nach wie vor, mit dem mehr als reichlichen Bestand an Wildkaninchen und auch den ex orbitanten Schäden, welcher jährlich durch sie verursacht wird, zu kämpfen.
Daher arbeiteten sie fieberhaft an einem neuen Virus, auf der Grundlage eines Myxoma-Virus, und die Lösung heisst: Immunkontrazeption

Ich bin selber auch nur ein Laie, daher müssen Sie hier auch mit einer laienhaften, stark vereinfachten Erklärung vorlieb nehmen. Dank der Gentechnik veränderte man das Myxomatose-Virus so, dass es Weibchen nach der Injektion infertil macht, d.h. das Kaninchen entwickelt Antikörper gegen die eigenen Eizellen. Durch die Schädigung der Eizellen wird eine Befruchtung blockiert - der Prozess wird als "Immunkontrazeption" bezeichnet.

Diese Meldung stand in vielen Foren und doch hat sich keiner soweit Gedanken gemacht, bzw. weiter etwas dazu geschrieben. Ich hatte mit einem Aufschrei gerechnet, aber es kam nur Schweigen.
Ich glaube nicht, dass Australien zig Wildkaninchen mit Injektionen versehen wird, denn wenn sie schon gefangen sind, könnte man sich auch gleich töten, daher gehe ich davon aus, dass es sich nach einer gewissen Bestandsinjektion auch so verbreitet, wenn einmal freigesetzt.
Man rechnet mit einer 70-80 %igen Reduzierung der Wildkaninchen. Wäre ein Seuchenzug eines transgenen Virus möglich, weit über den Kontinent Australiens hinaus? Kann Europa sich schon mal auf eine neue Seuche einrichten? Und wie sieht die Verbreitung auf andere Tiere aus, auf Menschen?
Neuseeland hat ebenfalls Interesse an diesem genetisch veränderten Virus, sie wollen endgültig Ihrer Hermelinplage Einhalt gebieten.

Ich bin medizinisch gesehen ein absoluter Laie, vielleicht ist es auch der grösste Unsinn, den ich hier geschrieben habe und Fachleute lachen sich vor dem Bildschirm halb tot.
Aber eins weiss ich, wann immer der Mensch in die Natur eingegriffen hat, den normalen Ablauf gestört, geradezu zerstört hat, kamen verheerende Folgen auf uns zu. Angefangen hat es mit der Aussetzung von einigen Wildkaninchen in Australiens Flora und Fauna!

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Sie finden ein myxomatosekrankes Wildkaninchen

Obwohl Wildkaninchen im Krankheitsfall in ihren Bau gehen, handeln sie nicht ebenso bei der Myxomatose. Es ist daher keine Seltenheit, dass Ihnen ein anscheinend zahmes, an Myxomatose erkranktes Kaninchen in Parks und Gärten über den Weg läuft oder einfach sitzen bleibt, obwohl Sie sich diesem Tier nähern. Und es wird auch kein Problem sein, ein solches Tier aufzunehmen und hochzuheben.
Aus Sicht des Tierschutzes und der Tierliebe wäre es durchaus angezeigt, ein solches Kaninchen zu einem Tierarzt zu bringen, um es dort einschläfern zu lassen. Jedoch ist das verboten, sie machen sich strafbar, denn Sie befinden sich auf fremden Grundstücken. Lediglich bei erkrankten Wildkaninchen, die Sie auf Ihrem eigenen Privatgrundstück finden, dürfen Sie so verfahren, Ihnen ein elendiges Verenden, einen qualvollen Tod ersparen.

Oberste Priorität haben Sie und Ihre eigenen Kaninchen, falls Sie keine Sorge für ein eigenes Kaninchen tragen, überlegen Sie, wer in Ihrem Bekannten-, Freundes-, Familienkreis Kontakt zu Kaninchen hat. Lassen Sie sich vom Tierarzt beraten, wie alles desinfiziert werden kann.

Bedenken Sie, dass Sie mit einem schwerkranken Tier umgehen. Sie selber können an Myxomatose nicht erkranken, aber Ihre Hände können mit den Sekret aus Augen oder aufgebrochenen Myxomen in Kontakt kommen. Gedankenlos reibt man sich schon mal die Augen, dies könnte zufolge haben, dass Sie danach zum Augenarzt müssen, der sie auf eine Bindehautentzündung oder ähnliches behandeln muss. Seien Sie konzentriert beim Umgang mit einem erkrankten Tier, denken Sie immer an die Gefahren für sich selbst.

Meistens ist es so, dass Tierärzte bei der Euthanasie von schwererkrankten oder -verletzten Wildtieren kein Entgelt erheben. Aber das ist nicht allgemein gültig, verlassen kann man sich nicht darauf. Sollten Sie diesen Eingriff bezahlen müssen, trösten Sie sich damit, dass Sie wirklich etwas Gutes getan haben.

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Abschluss

Ich habe versucht, Ihnen eine Übersicht über die Myxomatose zu verschaffen, damit Sie selbst entscheiden können, ob und wie oft Ihr Kaninchen geimpft werden soll. Aber trotz aller Fakten und Ihren eigenen Überlegungen ist eine gute Zusammenarbeit mit Ihrem Tierarzt unerlässlich. Besprechen Sie alles mit ihm, fragen Sie über Unklarheiten; kein Artikel, Bericht und Ähnliches kann Ihnen irgendwelche Entscheidung abnehmen. Sie und Ihr Tierarzt kennen Ihr Kaninchen, seine Eigenarten, seine Auffälligkeiten, seinen Gesundheitszustand am besten!
Allen Kaninchen eine schöne krankheits- und seuchenfreie Sommerfrische!

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Weitere Informationen

Myxomatose - Krankheitsverhütung durch Impfung, Impfstoffwerk Dessau-Tornau GmbH

© A. H.-F. 06-2001
updated 02.04.2004

Quellennachweis:

  • Mein uneingeschränkter Dank gilt Frau Dr. med. vet. Barbara Dyckoff! Sie behandelt nicht nur meine Tiere mit all Ihrem Wissen, Verstand und Herz, sondern beantwortet ebenso stets meine Fragen, auch für einen Laien wie mich, verständlich. Trotz eines aufwendigen Berufslebens mit verbunden Zeitmangel für alles andere, war Sie so freundlich, den Artikel gegen zu lesen und an entsprechenden Stellen zu korrigieren.
  • Ein ganz besonderes Dankeschön an die Tierärzte Dr. Rainer Holubek und Dr. Lutz Lauterbach vom IDT Impfstoffwerk Dessau-Tornau GmbH, die mit wahrer Engelsgeduld meine Fragen am Telefon beantwortet haben.

Broschüren:

  • IDT-Info: Myxomatose - Krankheitsverhütung durch Impfung,
    IDT-Impfstoffwerk Dessau-Tornau GmbH, Roßlau

Artikel

  • Stellungnahme von Rainer Holubek zu "Schnupfenimpfung - Fluch...aus Kann. 8/99"
    in "Kaninchen - Zeitschrift für den Kaninchenfreund, Nr. 10/1999",
    Deutscher Bauernverlag GmbH, Berlin
  • "Untersuchungen zum Impfstoffeinsatz gegen Myxomatose und RHD"
    - Immunisierung beim Kaninchen, Teil 2 -
    von Rainer Holubek
    Deutscher Kleintierzüchter -Kaninchen-Nr. 6/1999, Verlag Oertel und Spörer, Reutlingen
  • "Myxomatose - Rückblick und aktuelle Situation" - Teil 1
    von Rainer Holubek
    Deutscher Kleintierzüchter - Kaninchen - Nr. 8/2000
    Verlag Oertel und Spörer, Reutlingen

Bücher:

  • Kaninchen und Heimtiere von David Alderton,
    1995, KYNOS Verlag, Dr. Dieter Fleig GmbH,
  • Krankheiten der Kaninchen und Hasen von, Wolfgang Kötsche/Cord Gottschalk,
    1990, 4. Auflage, Gustav Fischer Verlag Jena
  • Krankheiten der Kaninchen von Karl Weissenberger,
    Lehrmeisterbücherei # 1338, Albrecht Philler Verlag in Minden,
    keine Jahreszahl, keine Aufl.
  • Kaninchenkrankheiten, Dr. med. vet. Siegfried Matthes,
    1995, 3. Auflage, Verlagshaus Oertel +Spörer, Reutlingen
  • Kaninchenkrankheiten von Dr. Friedrich Knorr,
    1976, 3. überarb. Auflage, VEB Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin

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